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Der Lynch-Mord an Dr. Friedrich Schumm © izrg

Samstag, 1. April 1933, Kiel: Gegen 11 Uhr sucht der jüdische Rechtsanwalt Dr. Friedrich Schumm das Möbelgeschäft seiner Eltern in der Kehdenstraße auf. Doch zwei uniformierte SS-Männer weisen ihn an, er solle nur in deutschen Geschäften kaufen - die NSDAP hat für den heutigen Tag zum Boykott aller jüdischen Geschäfte aufgerufen. Schumm betritt das Gebäude darauf von hinten. Nach einem kurzen Gespräch mit seinem Vater verlässt er das Haus wieder. Sein Vater tritt vor das Geschäft und stellt ihn als seinen Sohn vor, worauf beide das Geschäft demonstrativ durch den Haupteingang betreten.

Als Dr. Schumm das Haus nach einer Weile verlässt, kommt es zu einer verbalen Auseinandersetzung mit den beiden SS-Männern. Der Rechtsanwalt zieht eine Pistole, einer der SS-Männer fällt ihm in den Arm. Im Handgemenge fällt ein Schuss, der SS-Mann Asthalter wird in den Bauch getroffen. Dr. Schumm flieht und stellt sich auf dem nächsten Polizeirevier. Unterdessen stürmen SS-Männer das Geschäft seiner Eltern und schlagen alles kurz und klein.

Gegen 12.30 Uhr wird Dr. Schumm in das Polizeigefängnis in Kiel gebracht. Die NSDAP-Kreisleitung fordert vom Polizeipräsidenten seine sofortige Auslieferung an die SS. Die Polizei will ihn daraufhin nach Rendsburg verlegen. Zu dieser Zeit, es ist circa 13.45 Uhr, haben bewaffnete SA- und SS-Männer das Polizeipräsidium in der Gartenstraße bereits umstellt. Polizeipräsident Otto Graf zu Rantzau lehnt den Einsatz einer Hundertschaft gegen die "nationale Menge" ab und entschließt sich, als die Situation vor dem Gebäude eskaliert, das Gefängnis zu öffnen. Etwa 30 bis 40 Nationalsozialisten stürmen die Zellen, erschießen Dr. Schumm und verlassen unbehelligt das Gebäude.

Der genaue zeitliche Ablauf ist bis heute unklar - einige Manipulationen an den Akten lassen den Schluss zu, dass die Polizeispitze die rettende Verlegung Dr. Schumms bewusst verzögerte. Rechtliche Ermittlungen gegen die Schützen wurden nicht eingeleitet. Auch nach 1945 gelingt es der Justiz nicht, auch nur einen der Mörder zu identifizieren.

Siehe auch:

"Wer beim Juden kauft, ist ein Volks-Verräter!"

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