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Die "neudänische Bewegung" in Schleswig-Holstein © izrg

Am 21. Juni 1945, sechs Wochen nach der deutschen Kapitulation, senden "Südschleswiger", Bewohner des schleswig-holsteinischen Landesteils Schleswig, eine überraschende Adresse an Dänemarks Regierung. Darin heißt es: "Wir erklären hiermit, dass wir loyale Bürger des dänischen Staates werden wollen und dass wir alles einzusetzen gewillt sind, unsere Nachkommen in diesem Sinne zu erziehen." – Allein 10.000 Flensburger haben unterschrieben, sie fordern die Verschiebung der deutsch-dänischen Grenze an die Eider. Ausgerechnet erhebliche Teile der Bevölkerung zwischen Flensburg und Schleswig, Niebüll und Tönning, die 1933 besonders homogen zur NS-Bewegung gestanden hat, hinterfragen jetzt die Zugehörigkeit zu Deutschland.

Organisiert im "Schleswigschen Verein" ist die dänische Minderheit in der für sie bedrängenden NS-Zeit auf 2.700 Mitglieder geschrumpft. Jetzt aber schnellen die Zahlen in die Höhe: Ende 1945 sind es 12.000 Mitglieder bis 1948 sogar 75.000. Manche sind der dänischen Sprache kaum mächtig und in der dänischen Kultur fremd. Die "neudänische Bewegung" gilt als stärkste politische Kraft in der Region. Sie habe, so glauben viele, zusammen mit der dänischen Mutternation die Kraft, die Grenze zu verschieben. Manche bewerten ihr Ziel der staatlichen Trennung von Deutschland als ein "Herausstehlen" aus der gemeinsamen Vergangenheit. Das zweite Hauptziel betrifft die Ausweisung der Flüchtlinge und Vertriebenen aus der Region.

So schreibt Wilhelm Höhnck, ein Bauer aus Eiderstedt und frischer Angehöriger der Minderheit, an einen Freund: "Zwischen 90 und 140 Prozent liegen die Flüchtlingszahlen in den einzelnen Kreisen von Schleswig und führen bereits durch zahlreiche Heiraten zur Auflösung unseres Volkstums. Nicht von unserer Art, sondern deutsch sprechende Slawen, denen wir nicht einen Fußbreit unseres Bodens freiwillig hergeben. Wir sind nicht gesonnen, auch nur einen ansässig werden zu lassen, von einem Volk, das uns seit 1864 dauernd entrechtet hat." – Die antipreußische Note, verstärkt um bis ins Rassistische reichende Formulierungen, findet sich auch in Petitionen, die dänisch Gesinnte an die britische Besatzungsmacht richten, so im September 1945 in Flensburg: "Wir fordern, dass unser Grenzland Süd-Schleswig so schnell wie möglich von Flüchtlingen befreit wird. Seit Monaten ergießt sich dieser Strom von Fremden über unsere Heimat und droht, unser erbliches nordisches Volkstum in Süd-Schleswig zu verdrängen oder es zumindestens biologisch zu entfremden. ... Wenn Süd-Schleswig nicht von der Massen-Einwanderung der Flüchtlinge befreit wird, so bedeutet dies, dass unsere ruhige nordische Bevölkerung entfremdet wird und außerdem von Elementen regiert, die aus dem Unruheherd Europas kommen (Danzig, Ostpreußen, Polnischer Korridor, Sudetenland etc.)."

Dass die Grenze dann nicht verschoben wird und die Flüchtlinge bleiben dürfen, liegt vor allem daran, dass man in Kopenhagen und London vorsichtig, nüchtern und diplomatisch geschickt agiert, bis sich das Problem als Minderheitenproblem in der "Kieler Erklärung" von 1949 und den "Bonn-Kopenhagener Erklärungen" von 1955 auflösen lässt. Und zwar mit Privilegierungen der Minderheiten im Grenzraum, für die besonderer Schutz gilt und die Aussage: "Däne ist, wer Däne sein will" ... Dieses "Bekenntnisprinzip" wird der dänischen und der friesischen Minderheit in Schleswig-Holstein gewährt, aber auch der nach Illoyalitäten während der NS-Zeit und einer strafenden "Rechtsabrechung" wieder in die dänische Gesellschaft aufgenommenen deutschen Minderheit.

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