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Selbstbiografie © izrg

Die Selbstbiografie Emil Noldes umfasst insgesamt vier Bände. Den ersten Teilband, der die Zeit von 1867 bis 1902 umfasst, schreibt Nolde im Sommer 1930 in Kampen auf Sylt nieder. Im folgenden Jahr erscheint „Das eigene Leben“ in Berlin. „Jahre der Kämpfe“, der zweite Band, der die Erinnerungen der Jahre von 1902 bis 1914 beinhaltet, erscheint 1934 ebenfalls in Berlin. Den dritten Band „Welt und Heimat“, der die Zeit von 1912 bis 1918 umfasst, schreibt Nolde 1936 nieder. Eine Veröffentlichung ist zu dieser Zeit nicht möglich. In überarbeiteter Form wird „Welt und Heimat“ erst 1965 veröffentlicht. Ein Jahr später erscheint der letzte Band der Selbstbiografie „Reisen, Ächtung und Befreiung“, in dem Nolde die Zeit ab Ende des Ersten Weltkrieges beschreibt. Seine Lebenserinnerungen enden mit dem Tod von seiner Frau Ada im Jahre 1946.

Nolde hat kein Tagebuch geführt. Nur mit Hilfe seiner Bilder und den vielen Briefen gelingt es ihm, seine Erinnerungen nieder zu schreiben. Sein Schreibstil wird oft als holprig und ungelenk bezeichnet. Fest steht, dass Noldes Sprache die eines Nordschleswigers ist, der zu Hause plattdänisch, in der Schule hochdeutsch und im Religionsunterricht hochdänisch gesprochen hat. Eine so genannte „nordschleswig-deutsche“ Schriftsprache hat nicht existiert, so dass Nolde sie für sich selbst erfunden hat. Die ungewöhnliche Wortstellung und die häufige Verwendung von Partizipien in den kurzen Sätzen sorgen dafür, dass Noldes Schreibstil sehr knapp und hart wirkt. Der sture Maler weigert sich, seine Manuskripte nach den Regeln der Grammatik korrigieren zu lassen. Seiner Meinung nach würde es sich danach um Retuschen handeln. Vermutlich wird Nolde also genauso gesprochen haben, wie er geschrieben hat.

Beim Vergleich der Originalausgaben der ersten beiden Teilbände mit den veränderten Ausgaben der Bände, die 1949 und 1958 erscheinen, wird deutlich, dass Nolde nach dem Zweiten Weltkrieg mit Unterstützung anderer die Bände von problematischen Äußerungen gereinigt hat. Vor allem der zweite Band von Noldes Selbstbiografie weist eine Menge nationalistischer und rassistischer Äußerungen auf. Allerdings finden sich in seiner Autobiografie auch prosemitische Aussagen, die zwar die antisemitischen nicht relativieren können und sollen, die aber dennoch für ein Gesamtbild der schriftlichen Äußerungen Noldes berücksichtigt werden müssen. In „Jahre der Kämpfe“ berichtet Nolde zum Beispiel sehr positiv über Ludwig Schames, einen jüdischen Händler „mit langem, weißem Vollbart und einer welken Hand“ aus Frankfurt, der nach Noldes Angaben „besonders empfindsam und verstehend“ redet und der von vielen Künstlern und Kunstfreunden geschätzt wird, „weil er sie nie übervorteilte ... und weil er ihnen ein zuverlässiger Berater war.“ Allerdings schwingt auch in diesen Aussagen das antisemitische Stereotyp des „geldgierigen Juden“ mit, das Schames eben gerade nicht erfüllt.

Vor allem in den ersten beiden Bänden von Noldes Lebensbiografie finden sich viele antisemitische Äußerungen: In „Das eigene Leben“ schildert der Maler die enge Freundschaft zu dem Juden Max Wittner, mit dem er „endlos lange, intime Gespräche“ führt. Die enge Freundschaft zwischen Wittner und Nolde zerbricht: Nolde ist der Meinung, dass die „Rassenverschiedenheit“ zur Trennung beigetragen hat. Max Wittner ist Noldes Kunst angeblich fremd gewesen. Aus Noldes Sicht nicht weiter erstaunlich, denn die südlich gebürtigen Völker erfassen seiner Meinung nach nur schwer das Dämmrige, Phantastische des Nordens. Nolde beschreibt in diesem ersten Teil seiner Lebenserinnerungen den angeblichen Unterschied zwischen der oberflächlichen, südlichen Kunst und der tieferen, nordischen.

Im zweiten Band der Selbstbiografie lassen sich einige antisemitische Äußerungen des Malers finden: So hält Nolde im Kapitel „Abendmahl und Pfingsten“ fest: „Juden haben viel Intelligenz und Geistigkeit, doch wenig Seele und wenig Schöpfergabe.“ Er fährt fort: „Juden sind andere Menschen, als wir es sind.“ Im Kapitel „Menschen und Freunde“ sind Noldes antisemitischen Äußerungen noch deutlicher: „Die Juden haben als Leistung die Bibel und das Christentum. Durch ihre unglückselige Einsiedlung in den Wohnstätten der arischen Völker und ihre starke Teilnahme in deren eigensten Machtbefugnissen und Kulturen ist ein beiderseitig unerträglicher Zustand entstanden.“ Diese Aussage Noldes macht deutlich, dass die Juden seiner Meinung nach nicht erwünscht sind und dass ihre Einmischungen in die deutsche Politik und Kultur für ihn unerträglich sind.

Im Kapitel „Freunde – Sammler – Südsee“ erinnert sich der nationalbewusste Nolde: „Triebhaft suchten wir jungen Künstler, der deutschen Kunst ihr seit zweieinhalbes Jahrhundert verlorenes Deutschtum wiederzugeben, in neugeborener Formprägung und Vollfarbigkeit. Ich kaum im bewußten Wollen, nur wie in angeborenem Pflichtgefühl ahnend dienend. Und ich liebte leidenschaftlich die alte reine deutsche Kunst in ihrer herben eigenwilligen seelisch vollendeten Schönheit, in ihrer tiefen naturverbundenen Phantastik und in dem Unsagbaren. Eine wirklich innerliche, herzhaft durchtränkte Kunst gab und gibt es nur in germanischen Landen, in Deutschland, und alle, fast alle Nichtgermanen, in rundlicher Formschönheit befangen, stehen verständnis- und sprachlos diesem Phänomen gegenüber.“

Mit Beginn des Ersten Weltkrieges endet der zweite Band der Lebenserinnerungen: „Es kam der Krieg. Es kam die tiefe deutsche Erniedrigung. Es kamen bewegte Jahrzehnte, das Elend und die Erhebung. Stürme durchrütteln die Baumkronen deutscher Buchen und Eichen.“

Diese schriftlichen und gesellschaftlichen Äußerungen Noldes sind zu häufig und werden von ihm zu selbstverständlich benutzt, um sie als eine Anpassung an den allgemeinen Zeitgeist werten zu können.

Siehe auch:

Emil Nolde unzensiert: Auszüge aus der Originalausgabe seiner Selbstbiografie

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