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Westerland © izrg

"Ein Modebad ist Westerland nicht und wird es (...) auch schwerlich werden", lautet das Urteil des Journalisten und Schriftstellers Julius Rodenberg 1859 – und er muss es wissen, kennt er doch die eleganten englischen Badeorte genau. Erst vier Jahre zuvor öffnet das "Nordseebad Westerland" für auswärtige Badegäste – ein "altes ödes Dorf", wie es fünfzig Jahre später im Rückblick heißt. 1858 öffnet das erste Westerländerhotel, die "Dünenhalle"; die Zahl der Badegäste liegt bei 263. In der Tat weist zunächst wenig daraufhin, dass ausgerechnet Westerland, mit gerade einmal 110 Häusern, die älteren Nordseebäder in Schleswig-Holstein – Wyk auf Föhr und Büsum – bald überflügelt und wesentlich dafür sorgt, die Insel Sylt zur "Perle der Nordsee" (so die Eigenwerbung 1905) beziehungsweise zur "Königin der Nordsee" (Eigenwerbung 1909) aufsteigen zu lassen.

Westerland, das bis dahin ärmste Dorf auf der Insel, entwickelt sich rasant. Zunächst startet das Seebad als Privatunternehmen, wegen des immens hohe Investitionsbedarfs übernimmt die Gemeinde den Badebetrieb und setzt auf Modernisierung: seit 1893 elektrische Haus- und Straßenbeleuchtung, 1897 erstes Fernsprechnetz und Kabel zum Festland, 1901 Wasserwerk und zentrale Kanalisation. Damit sind die Voraussetzungen für Luxusangebote wie "fließend Wasser", Telefon und Beleuchtung in den Logierhäusern gegeben.

Die Zahlen sprechen denn auch für sich, das Modebad der wilhelminischen Ära ist erfolgreich: 1895 kommen 10.000 Kurgäste, 1905 20.000 und 1913 erst 1937 wieder erreichte 30.000. Und man trifft sich auf der "Wandelbahn" am Badestrand. Es zieht Investoren auf die Insel, die Strandhallen und Logierhäuser bauen, Handwerk und Handel expandieren: 1907 gibt es in Westerland mit fast 2.500 Einwohnern immerhin 15 Bäckereien, je drei Schlachtereien und Fischgeschäfte sowie 31 Kolonial- und Delikatesswarenhandlungen. Westerland wächst und erhält 1905 folgerichtig das Stadtrecht. Für die Fortentwicklung sorgt jetzt die Zusammensetzung des Rates, dessen zehn Mitglieder ohne Ausnahme als Hoteliers, Logierhausbesitzer, Bauunternehmer und Bäcker vom Fremdenverkehr profitieren.

Vom Tourismusboom nach dem 2. Weltkrieg profitiert Westerland besonders, wenn auch – wie vielerorts – auf Kosten von erheblichen Bausünden, welche die Zeit des Massentourismus kennzeichnen: Schon 1947 erreicht es mit 30.000 Gästen fast die Zahl von 1938. 1960 transportiert die Bundesbahn fast 100.000 Autos über den Hindenburgdamm, ein Jahr später entsteht in der Bomhoffstraße das erste Appartementhaus, 1964 wird das Meerwasserhallenbad – mit eigener Wellenmaschine – eingeweiht. Inzwischen bestimmt eine neue Silhouette die Strandpromenade: das "Kurzentrum", die wuchtig-eintönige Kombination aus einem dreizehngeschossigen Hochhaus und zwei zehngeschossigen Gebäuden, die zusammen vier Hotels und 600 Appartements umfassen. 700 weitere Appartements soll das gigantische Projekt "Atlantis" mit 3.000 Betten auf 28 Stockwerken vereinigen. Aber dieser Turmbau scheitert nach Protestaktionen und Unterschriften von zwei Dritteln der Inselbewohner daran, dass die Landesregierung der Stadt schließlich sogar die Planungshoheit entzieht.

Heute ist Westerland nicht nur der Hauptort der Insel, dessen Einzelhandel und Dienstleister die Bewohner der Insel versorgen; Westerland ist mittlerweile ein Synonym für die ganze Insel.

Siehe auch:

Die "Wandelbahn"
Das erste Hotel
Jubiläumskatalog für Westerland von 1905
Westerland
Bauprojekt "Atlantis"
Westerland (Plan)

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