v i m u . i n f o
Dansk version

Weg zum neuen Staat © izrg

Propaganda, Gewalt und Wahlen: Aufstieg der NSDAP in Schleswig-Holstein

Am 1. März 1925 gründete Hinrich Lohse in Neumünster mit 26 Mitstreitern die schleswig-holsteinische NSDAP. Kurz darauf bestätigte Adolf Hitler Lohse als "Gauleiter" der "Nordmark". Der Durchbruch gelang der Partei zwischen 1928 und 1930: Erhielt sie 1928 bei den Reichstagswahlen in der Provinz 4,1 % der Stimmen und stellte damit eine von mehreren völkisch-nationalistischen Gruppierungen dar, war sie nach 1930 mit 27 % die stärkste nationalistische. Im Sommer 1932 erreichte die NSDAP mit 51,1 % hier ihr reichsweit bestes Ergebnis: Schleswig-Holstein galt als NS-"Mustergau", nur hier wählte bereits im Sommer 1932 eine absolute Mehrheit der Wählerinnen und Wähler die NSDAP an die Macht!

"Gauleiter" Lohse erkannte die Chancen der "Landagitation". Dabei nutzte die NSDAP regionale Eigenheiten wie das Plattdeutsche und Mythen wie die heroisierte "Bauernrepublik Dithmarschen". Die NSDAP hatte kein klares politisches Programm, sie bediente sich aus Ideen, die zahlreiche völkische und rechtsradikale Parteien und Vereinigungen pflegten. Ihre Ansichten speisten sich aus Antisemitismus, Rassismus und Nationalismus. Hier, in der stark agrarisch geprägten Region, wirkten die diffusen Schlagworte der Nationalsozialisten, die auch Ängste vor Demokratie, Industrie und Verstädterung sowie eine Verklärung der "guten alten Zeit" transportierten, besonders. Erfolgreich beerbte die NSDAP die "Landvolkbewegung".

Die Propaganda der Partei hatte Erfolg: Uniformierte Aufmärsche und Straßenumzüge mit Hakenkreuzflagge, Flugblattaktionen, Wahlveranstaltungen mit Musik und Tanz, auch Parteiredner, die mit Automobil und Lautsprecher über die Dörfer zogen. Außerdem versuchte die NSDAP erfolgreich "Meinungsführer" wie Lehrer, Pastoren oder Ärzte als Parteimitglieder zu gewinnen, die der Partei den Zugang zu anderen Bevölkerungskreisen ermöglichten. Doch auch Gewalt war ein fester Bestandteil der Parteiagitation: Straßen- und Saalschlachten der SA mit Mitgliedern "linker" Verbände, wie dem sozialdemokratischen "Reichsbanner", häufig mit Toten und Verletzten, und Überfälle auf politische Gegner waren an der Tagesordnung.

Der 30. Januar 1933 in Berlin: Reichspräsident Paul von Hindenburg ernannte Adolf Hitler zum Reichskanzler in einer Koalitionsregierung aus DNVP und NSDAP. Schnelle machtpolitische Weichenstellungen erweckten den Eindruck einer "Machtergreifung": Hitler erzwang die Reichstagsauflösung; es folgten Neuwahlen am 5. März: Die NSDAP in Schleswig-Holstein erhielt 53,3 % der Stimmen (reichsweit 43,9 %). Der Wahlkampf hatte im Übergang vom Rechtsstaat zur Diktatur stattgefunden: Die "Reichtagsbrandverordnung" vom 28. Februar hatte wesentliche Grundrechte außer Kraft gesetzt und politische Verfolgungen legalisiert. Die Reichsführung terrorisierte politisch Andersdenkende von Staats wegen, während Wahlrecht, Parlamentarismus und unabhängige Justiz nominell noch fortbestanden.

Gezielte Gegnerverfolgungen [mehr] sowie spontane Einschüchterungen kennzeichneten die Anfangsphase der NS-Herrschaft, immer wieder ging es gegen Angehörige der Arbeiterbewegung. Die reguläre Justiz klagte sie als "Hochverräter" an, zu "Hilfspolizisten" erklärte Angehörige von SA, SS und "Stahlhelm" nahmen sie in "Schutzhaft" oder verschleppten sie in "wilde Konzentrationslager".

Am 23. März 1933 nahm eine Zweidrittelmehrheit im Reichstag das "Ermächtigungsgesetz" an, das die Reichsregierung autorisierte, Gesetze jeder Art zu erlassen. In den folgenden Wochen rundeten wenige weitere Rechtsetzungen den Unrechtsstaat ab: das "Gesetz zur Gleichschaltung der Länder" entmachtete die Länder, das "Gesetz zur Wiederherstellung des Berufsbeamtentums" sorgte dafür, dass politisch unliebsame Beamte von ihren Posten entfernt werden konnten. Die Zerschlagung der Gewerkschaften im Mai und das Verbot der SPD am 22. Juni bedeuteten das Ende der Arbeiterbewegung. Die bürgerlichen Parteien lösten sich selbst auf. Alle weitere Organisationen wurden "gleichgeschaltet". Spätestens im Spätsommer 1934 - nach dem "Röhmputsch" und der Ernennung Hitlers zum "Führer und Reichskanzler" - war die NS-Herrschaft reichweit fest etabliert.

Schleswig-Holsteins Gauleiter Lohse war schon seit dem 25. März 1933 auch das Amt des Oberpräsidenten der Provinz angetreten und hatte damit in Personalunion das höchste Partei- und das höchste Staatsamt in der Provinz inne; er nutze diese Doppelfunktion, um ein stabiles Herrschaftssystem in der "Nordmark" zu etablieren.

Diese Geschichte erscheint in folgenden Themen:
NS-Herrschaft
Um diese Inhalte anzusehen, wird der Flashplayer 9 benötigt. Zum Download
multimediaMultimedia
case storyFallbeispiele
photosAbbildungen
imageBiografien
quotesZitat
metainfoKommentar der Autoren