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Nationalpark Wattenmeer © izrg

Der Konflikt über den richtigen Umgang mit dem einmaligen Ökosystem Wattenmeer.

Bereits in den 1950er Jahren begann die öffentliche Debatte um die Errichtung eines Nationalparks Wattenmeer an der schleswig-holsteinischen Westküste. Dieses Vorhaben stieß vor allem bei den Bewohnern der Westküste auf heftigen Widerstand, der teilweise bis heute andauert. Vor allem Bauern, Fischer und Betriebe der Tourismusindustrie fürchteten wirtschaftliche Einbußen. Erst am 22. Juli 1985, nach endlosen Diskussionen und Auseinandersetzungen, verabschiedete der Kieler Landtag - bei nur einer Stimmenthaltung - das Nationalparkgesetz.

Der Nationalpark reicht von der deutsch-dänischen Grenze bis zur Mündung der Elbe. Alle Gebiete westlich einer Linie im Abstand von 150 m zur seeseitigen Kante der Deichkrone gehören zum Nationalpark, der anfangs eine Gesamtfläche von 2.850 Quadratkilometer umfasste. Ausgenommen sind lediglich die bewohnten Halligen und Inseln. Das erste Nationalparkgesetz sah drei Nutzungszonen vor: Zone I bildete die strengste Schutzstufe. Sie umfasste größtenteils die Gebiete der Seehundsbänke, die Brutkolonien bedrohter Seevogelarten und wichtige Ruhe- und Mauserplätze von Zugvögeln. In Zone I wurden Watt- und Radwanderungen, Reiten und Kutschfahrten auf ausgewiesenen Wegen erlaubt. Zone II bildete eine so genannte "Pufferzone" um die Zone I. Hier galten leichte Nutzungseinschränkungen, während alle anderen Flächen in Zone III lagen und fast ohne Einschränkungen genutzt werden konnten.

Im Jahre 1999 überarbeitete die Landesregierung das Nationalparkgesetz: Unter anderem ist jetzt ein Teil des Nationalparks Walschutzgebiet und eine Nullnutzungszone südlich des Hindenburgdammes ausgewiesen; die Fläche des Nationalparks beträgt nun 4.410 Quadratkilometer und es gibt nur noch die Nutzungszonen I und II. Der Nationalpark wird seit Mai 1999 in Kooperation mit Naturschutzverbänden von einem hauptamtlichen Nationalparkservice mit Sitz in Tönning betreut.

Generell stieß die Idee des Nationalparks in der Politik und Teilen der Bevölkerung auf Akzeptanz, da man sich darüber einig war, dass dieser einzigartige Lebensraum geschützt werden müsste. Aber sobald es um eine konkrete Ausgestaltung ging, kam es zum Streit mit Interessenvertretern von der Westküste, die Einschränkungen ihrer bisherigen Nutzungsrechte fürchteten. Denn: Bestimmte Arten der wirtschaftlichen Nutzung wie die Ölförderung oder die Beweidung der Salzwiesen waren nicht ohne Weiteres mit dem Konzept eines Nationalparks in Einklang zu bringen. Allerdings war auch den Befürwortern eines Nationalparks bewusst, dass ein Lebensraum, der seit Jahrhunderten intensiv vom Menschen gestaltet worden war, nicht von heute auf morgen jeglicher Nutzung entzogen werden konnte. Von vorneherein ausgenommen von den Nutzungsbeschränkungen war der Küstenschutz: Maßnahmen, die dem Schutz der Küste und der hinter den Deichen lebenden Bevölkerung dienen, haben bis heute Vorrang. Allerdings müssen die Behörden alle Projekte des Küstenschutzes auf ihre Umweltverträglichkeit prüfen und möglichst Lösungen finden, die im Einvernehmen mit Naturschutzbelangen stehen.

Schon 1985 bestand eine vorrangige Aufgabe der Nationalparkverwaltung darin, die heimische Bevölkerung für den Nationalpark zu gewinnen und Vorurteile abzubauen. Mit umfangreicher Öffentlichkeitsarbeit versucht die Nationalparkverwaltung Einheimische und Touristen über alle Bereiche des Parks zu informieren. Das Angebot reicht von zahlreichen Infoständen über den Publikumsmagneten "Multimaar-Wattforum" in Tönning bis zu Führungen und Seminaren. Nach anfänglichen Schwierigkeiten gelang es dem Nationalparkservice, die örtlichen Naturschutzvereine mit in das Nationalparkkonzept einzubinden.

Der Gedanke der Nachhaltigkeit spielte eine wichtige Rolle. So ging man gerade auch im Tourismus neue Wege: Erholungsurlaub an der Westküste ist seitdem immer stärker in das "Naturerlebnis Wattenmeer" eingebunden. Auch wenn dieses Konzept auf Grund der hohen Akzeptanz der Besucher für den Naturschutz trotz Massentourismus aufzugehen scheint, sind aus Sicht der Umweltschützer in den nächsten Jahren noch viele Verbesserungen notwendig, um das Projekt Nationalpark zu vollenden. Die Menschen an der Westküste müssen sich auch in Zukunft auf weitere Einschränkungen einstellen, profitieren aber langfristig von der intakten Umwelt und einem funktionierenden Tourismus, der als Wirtschaftsfaktor längst unverzichtbar ist.

Diese Geschichte erscheint in folgenden Themen:
Aktuelle Konflikte
Blanker Hans
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