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Küstenschutz © izrg

Maßnahmen des Küstenschutzes im Wandel der Zeit.

Sturmfluten, Landgewinnung und Küstenschutz bestimmen seit Jahrhunderten das Leben der Menschen an der schleswig-holsteinischen und dänischen Westküste. Der „Blanke Hans“, wie die Einheimischen die Nordsee bei Sturmflut ehrfurchtsvoll nennen, forderte ihnen im Laufe der Zeit viele Opfer ab. Um sich gegen die Fluten zu schützen, begannen die Küstenbewohner bereits vor mehr als 1.000 Jahren in Eigenregie Deiche und Warften zu bauen.

Nach der großen „Mandränke“ von 1634 waren weder die Landesherren noch die Küstenbewohner in der Lage, den Bau neuer Deiche zu finanzieren. Mit weitreichenden Vergünstigungen lockten die Landesherren Privatunternehmer – wie den Holländer Johann Claussen Rollwagen – die bereit waren, auf eigene Kosten Deiche zu bauen. Für die Gewinnung von Neuland sowie die Sicherung und den Unterhalt der Deiche waren weiterhin die Küstenbewohner verantwortlich. Genossenschaftlich organisiert mit dem „Deichgrafen“ an der Spitze, galt lange Zeit im Deichwesen mündliches Recht; erst im Jahre 1803 erließ der dänische König Christian VII. mit dem „Allgemeinen Deichreglement“ eine einheitliche Rechtsgrundlage.

Nach 1866 lag die Zuständigkeit für den Küstenschutz beim preußischen Staat. 1894 legte dieser einen ersten staatlicher Gesamtplan vor, der alle bisherigen Einzelmaßnahmen für ein Jahrzehnt zusammenfasste. Staatliche Stellen sollten die Maßnahmen umsetzen. Im Vordergrund stand der Schutz der Halligen, deren bedeutende Funktion als Wellenbrecher vor dem Festland erstmals berücksichtigt wurde. Ohne diesen Plan existierten die Halligen mit hoher Wahrscheinlichkeit heute nicht mehr.

Während der Weimarer Zeit entstanden zahlreiche Küstenschutzpläne, die jedoch mangels finanzieller Mittel nicht verwirklicht werden konnten. Der wohl bekannteste, der sogenannte „Dix-Plan“, sah die Abdämmung des Wattenmeeres von Sylt bis Eiderstedt vor. Die nationalsozialistischen Machthaber setzten nach 1933 einen Teil dieser Pläne zu Propagandazwecken um. Oberpräsident und NSDAP-Gauleiter Hinrich Lohse versuchte, sich mit dem von ihm mitentwickelten „Generalplan für die Landgewinnung in Schleswig-Holstein“ zu profilieren. 1937 trat die „Wasserverband-Verordnung“ in Kraft, die zur Umwandlung der Deichverbände in Deich- und Sielverbände führte. Nach 1939 wurde der Küstenschutz stark vernachlässigt, so dass sich die Deiche und das Vorland bei Kriegsende 1945 in einem schlechten Zustand befanden.

Als Konsequenz aus den schweren Sturmfluten von 1953 und 1962 ließ das Land Schleswig-Holstein die Deiche erneuern, erhöhen und verbessern. Der „Generalplan Deichverstärkung, Deichverkürzung und Küstenschutz des Landes Schleswig-Holstein“ aus dem Jahr 1963 sah erstmalig eine umfassende Schutzstrategie mit einheitlichen Sicherheitsstandards vor. Er wurde in den Jahren 1977 und 1986 fortgeschrieben und weiterentwickelt bis der Gesetzgeber 1991 alle Aufgaben des Küstenschutzes im „Landeswassergesetz“ zusammenfasste; einschließlich der Verantwortung für die Seedeiche, die das Land 1971 von den Deich- und Sielverbänden übernahm. Heutzutage ist das „Ministerium für ländliche Räume, Landesplanung, Landwirtschaft und Tourismus“ als oberste Behörde für alle Bereiche des Küstenschutzes zuständig. Als Antwort auf neue Herausforderungen im Küstenschutz veröffentlichte das Land im Jahre 2001 den „Generalplan Küstenschutz – Integriertes Küstenschutzmanagement in Schleswig-Holstein“, der unter anderem die regelmäßige Anpassung aller Küstenschutzbauten an die neuen Höchstwasserstände vorsieht.

Derzeit sind in Schleswig-Holstein 24 % der Landfläche, also rund 3.722 Quadratkilometer bei Sturmflut von Überschwemmungen bedroht. Hiervon betroffen wären an Nord- und Ostsee 344.000 Menschen sowie Vermögenswerte in Höhe von 47 Milliarden Euro. Generell beziehen die Planungen für den Küstenschutz alle Gebiete mit ein, die an der Nordsee tiefer als 5 m über NN, an der Ostsee unter 3 m über NN sowie seeseitig nicht tiefer als 10 m unter NN liegen. Der Küstenschutz muss dabei sowohl gegen Überschwemmungen schützen, als auch den Rückgang der Küsten durch Erosion verhindern, wobei die Bedingungen an Nord- und Ostsee sehr unterschiedlich sind. Neben der strukturellen und umweltpolitischen Relevanz haben die Küstenschutzmaßnahmen auch beschäftigungspolitische Bedeutung; gerade auf den Halligen tragen die Beschäftigungsprogramme zum Verbleib der Bewohner bei.

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Blanker Hans
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