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(De-)Stabilisierung © sdu

Die politischen und sozialen Entwicklungen in Dänemark und Deutschland sind nach Ende des Ersten Weltkrieges sehr unterschiedlich. Dänemark bewegt sich in eine stabile Richtung, wohingegen die Verhältnisse in Deutschland und Schleswig-Holstein Stück für Stück instabiler werden. Die Erklärungen für die verschiedenen Entwicklungen lassen sich größtenteils in den Ereignissen vor und während des Weltkrieges finden.

Der erste Weltkrieg hatte für Dänemark und Deutschland unterschiedliche Folgen. Deutschland erlebte als Verlierer während der vier Jahre eine steigende Destabilisierung. Dänemark war am Krieg nicht direkt beteiligt, also konnte sowohl die politische als auch die soziale Stabilisierung, die lange vor dem Ausbruch des Krieges begonnen hatte, weiterhin fortsetzen.

Die national-konservative Elite hatte am Anfang des Krieges glücklicherweise das deutsche Volk von der Notwendigkeit eines Krieges überzeugten können. Dies sollte eine entscheidende Probe für die deutsche Nation werden. Kriegsbegeisterung herrschte in großen Teilen der Bevölkerung und das deutsche Nationalgefühl erreichte seinen Höhepunkt im Jahr 1914, als es gelang die Unterstützung der Sozialdemokratie und der Arbeiter für den Krieg zu gewinnen. Gleichzeitig mit der Dauer des Krieges änderte sich das Bild vollständig. Schon im September 1916 wurden in Schleswig-Holstein mehr als 70.000 Unterschriften für den Frieden gesammelt. Die Bevölkerung kehrte in steigendem Maße dem Krieg den Rücken.

Die deutsche Zivilbevölkerung musste während des Krieges leiden, da es einen großen Mangel an Lebensmitteln gab und die Preise sich drastisch steigerten. Gründe hierfür waren die ausbleibenden Erfolge bei den Ernten, die unter anderem auf einen wesentlichen Mangel an Arbeitskräften in der Landwirtschaft zurückzuführen waren. Insbesondere der Winter 1917/18 - der sogenannte Steckrübenwinter - war schlimm und viele Menschen in den Städten mussten hungern. Dies führte zu sozialer Unruhe. Kiel war besonders betroffen, da die Stadt durch die deutsche Flottenaufrüstung und den Ausbau der Werften stark angewachsen war. Dazu kam, dass in Kiel die stärksten Unruhen Schleswig-Holsteins stattfanden, auch vor der Revolution 1917/18. Der Krieg führte aus diesen Gründen zu einer steigenden Destabilisierung in Deutschland und in Schleswig-Holstein.

In Dänemark verlief der Übergang zum Frieden ganz einfach. Das Land war während des Krieges nicht durch Schäden beeinträchtigt worden, weshalb die Industrie und die Landwirtschaft bereit waren die Produktion fortzusetzen. Die dänische Demokratie hatte seit der Einführung des Grundgesetzes im Jahr 1849 eine Entwicklung durchlebt, die insbesondere durch eine Stärkung der Volksherrschaft, die wiederum durch die Einführung des Parlamentarismus im Jahr1901 erfolgt war, gekennzeichnet war. Der politische Kampf in der dänischen Gesellschaft hatte hierdurch über mehrere Jahrzehnte hinweg einigermaßen friedlich stattfinden können. Ein wichtiges Element im Verfassungskampf in der letzten Hälfte des 19. Jahrhunderts war der Versuch der Landwirte und Arbeiter gemeinsam den politischen Einfluss zu erlangen, der ihnen aufgrund ihrer Stimmzahlen zustand. Die Volksherrschaft in Dänemark war somit während des Ersten und Zweiten Weltkrieges verhältnismäßig robust.

Die demokratische Stabilität war auch durch die Schulung von Bauern, Pächtern und Arbeitern in Sachen Demokratie verankert. Viele Gutsbesitzer und Kleinbauern hatten einen Aufenthalt in einer Hochschule absolviert und fast jeder war der Genossenschaftsbewegung angeschlossen. Die Arbeiterbewegung entstand in den 1870er Jahren und vertrat eine reformierende Politik und die Sozialdemokratie versuchte ihren Einfluss auf demokratischem Wege geltend zu machen. Deshalb unterstützten die Gewerkschaften und die Organisationen der Landwirtschaft die dänische Demokratie während des Ersten Weltkrieges.

In Dänemark erhielt der Parlamentarismus generell große Unterstützung. Die Kommunisten fanden nur eine verschwindend kleine Zustimmung bei der Bevölkerung, wohingegen die Sozialdemokratie und der Landesvater Thorvald Stauning während der gesamten Kriegszeit 30-40 % der Stimmen erhielten. Die Gutsbesitzer unterstützten die liberale Partei Venstre und die Kleinbauern gaben der sozialliberalen Partei, der Radikalen Linken, ihre Stimmen. Bürgerlich nationale Gruppen, die keine eingefleischten Anhänger der Demokratie waren, unterstützten die konservative Volkspartei Højre, wodurch sie sich parlamentarisch isolierten. In den Krisenjahren der 1930er Jahre fanden unzufriedene Arbeitslose und Landwirte Zuflucht bei den Kommunisten und bei der extremen Agrarbewegung, dem sogenannten "Zusammenschluss der Landwirtschaftler" (Landbrugernes Sammenslutning(LS). Insgesamt waren dies jedoch Randerscheinungen, da vor dem Ersten Weltkrieg mehr als 9 von 10 Wählern die vier alten demokratischen Parteien unterstützen.

Vor diesen Hintergründe erscheint es angemessen zwei sehr unterschiedliche Entwicklungslinien nördlich und südlich der Grenze festzustellen. Dänemark war sozial und politisch auf dem Wege zur Stabilität. Deutschland und Schleswig-Holstein näherten sich während des Ersten Weltkriegs hingegen der Unruhe und Destabilisierung. Diese Entwicklung verstärkte sich nach dem Krieg in der Weimarer Republik.

Diese Geschichte erscheint in folgenden Themen:
Revolution 1918-1920
Monarchien
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