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Erstarken der Sozialdemokratie © sdu

Die Sozialdemokratie wird im zweiten Jahrzehnt des 19. Jahrhunderts überall in Europa auf markante Weise politisch einflussreicher. In Dänemark und Deutschland versuchen die Behörden durch direkte Verbote oder verschiedene Formen der Schikane dies zu verhindern.

Im Laufe des 19. Jahrhunderts wuchs die Anzahl der Lohnarbeiter überall in Europa. Viele Menschen zogen vom Land in die Stadt, um dort in Fabriken und Handwerksunternehmen Arbeit zu finden. Die Urbanisierung war Folge der industriellen Revolution, die Mitte des 19. Jahrhunderts begann. Mit der Zeit versammelte sich eine große Anzahl von Stadtarbeitern um die Sozialdemokratie und die sozialdemokratischen Gewerkschaften. Dies geschah jedoch nicht ohne Zusammenstöße mit den Machthabern. Direkte Verbote oder auch verschiedene Formen der Schikane wurden in diesem Zusammenhang eingesetzt.

Im südlichen Dänemark und in Schleswig war die Industrialisierung während des 19. Jahrhunderts ein unausgesprochenes Thema. Hauptmerkmal der Region war ihre Landwirtschaft, ihre Handwerksunternehmen, die Fischerei und die Seefahrt. Dies hatte großen Einfluss auf die Unterstützung, die die sozialdemokratische Bewegung insbesondere in Süddänemark erhielt.

Obwohl die Anzahl der Stadtarbeiter verhältnismäßig klein war, wurde Schleswig-Holstein in den Jahren vor dem Ersten Weltkrieg zu einer "roten Hochburg" in Deutschland. Die Unterstützung der Wähler ging steil aufwärts und betrug bei der Reichtagswahl im Jahr 1912 ganze 40% der Stimmen. Ein wichtiger Grund hierfür war die geografische Nähe zu Hamburg, wo die Sozialdemokratische Bewegung stark vertreten war. Der "Allgemeine Deutsche Arbeiter Verein" (ADAV) breitete sich schon Ende der 1860er Jahre innerhalb Holsteins aus. Es war wohlgemerkt insbesondere der moderate Teil des Sozialismus, der in Schleswig-Holstein Fuß fasste. Zur Zeit der Sozialdemokratischen Versammlung in Gotha 1875 gab es in Schleswig-Holstein 22 ADAV-Lokalvereine und etwa 3.100 Mitglieder.

In Deutschland und Schleswig-Holstein versuchten die Behörden die Ausbreitung des Sozialismus zu verhindern. Obwohl die extrem linke marxistische Richtung am stärksten bekämpft wurde, hatte die moderate Sozialdemokratie auch leiden müssen. Festnahmen, Hausdurchsuchungen, Versammlungs- und Vereinsverbote und die Beschlagnahmung von Drucksachen gehörten bis September 1878, als die Sozialistengesetze eingeführt wurden, zum täglichen Leben dazu. Die Sozialistengesetze verboten einfach alle sozialdemokratische Organisationen. Die Partei musste nun illegal weiterleben, was dazu führte, dass ein Reihe von scheinbar unpolitischen Deckorganisationen in den darauf folgenden Jahren errichtet wurden.

In Dänemark wurde ebenfalls gegen die Sozialdemokratie und die sozialdemokratischen Gewerkschaften vorgegangen. Nach einer berühmten Schlacht auf dem "Fælleden" in Kopenhagen 1872 wurden die Anführer der Bewegung - Louis Pio, Paul Geleff und Harald Brix - für ihren Versuch die Gesellschaft umstürzen zu wollen, verurteilt und inhaftiert. Nach ihrer Entlassung emigrierten Pio und Geleff 1877 in die USA. Diese Emigration geschah mit Bestechungsgeldern der Polizei und rief großer Verwunderung hervor. Damit waren dem radikaleren Sozialismus Dänemarks die Zähne gezogen worden.

In Odense - wie auch an anderen Orten in Dänemark und in Schleswig-Holstein - wurden bekannte Führungskräfte in den 1890er Jahren zum Umzug gezwungen, weil sie es nicht bewerkstelligten Arbeit zu finden. Wiederum andere, die als Sozialdemokraten oder Gewerkschaftsführungskräfte bekannt geworden waren, lebten mit dem Risiko entlassen zu werden. Letzteres war ein effektives Mittel gegen die Ausbreitung der sozialdemokratischen Bewegung. Gleichzeitig wurden von den Arbeitgebern in Odense Gewerkschaften gegründet, die verhindern sollten, dass die Arbeiter sich innerhalb sozialistischer Organisationen versammelten.

Im Laufe der 1880er Jahre führte Bismarck neue Sozialgerechte ein, so dass Arbeiter von da an gegen Krankheit, Unfälle und Invalidität versichert waren. Gleichzeitig wurde eine Rentenversicherung eingeführt und neue verbesserte Arbeiterwohnheime gebaut. Diese Maßnahmen waren für jene Zeit sehr modern und werden oftmals als erste sozialstaatliche Schritte angesehen. Sie hatten die Sicherung einer effektiven, zufriedenen und nicht aufrührerisch tätig werdenden Arbeiterschaft zum Ziel. Diese Absicherungen der Arbeiter wurde durch die reorganisierte "Sozialdemokratische Partei Deutschlands" (SPD), die ab 1890 rechtsgültig wurde und den parlamentarisch vertretenen Sozialismus ausmachte, erreicht.

Die dänische Sozialdemokratie wurde von ihrer Schwesterpartei, der SPD mit der sie im engen Kontakt stand, inspiriert. In Dänemark wurde in den 1890er Jahren ebenfalls ein demokratischer Weg eingeschlagen, sowohl im Reichstag als auch an den Arbeitsplätzen.

Nach einem großen Konflikt im Jahr 1899 wurde durch die darauf folgende "September-Schlichtung" ein regulierter Arbeitsmarkt geschaffen, in dem Konflikte durch Verhandlung und Schlichtung - nicht durch Streik und Aussperrung (lock-out) - gelöst werden sollten. Mit Eintritt in das 20. Jahrhundert war der Klassenkampf weder in Dänemark noch in Schleswig-Holstein länger Thema und wurde durch eine demokratische Sozialdemokratie und pragmatische Gewerkschaften ersetzt.

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Monarchien
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