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Drei Blicke auf den Judenmord im "Reichskommissariat Ostland"

1. Journalist E. Frotscher im Auftrag des Pressechefs im „Reichskommissariat“ während der ersten Inspektionsreise der neuen Machthaber im Herbst 1941, verfasst zu Werbezwecken in der deutschen Heimat: (Auszüge) „Als Hinrich Lohse, der Reichskommissar für das Ostland, ans Werk ging, stand seine Arbeit unter einer Parole: Rückführung des Landes nach Europa... Um die jüdische Bevölkerung als Gefahrenquelle für den Aufbau auszuschalten, wird sie in absehbarer Zeit in Ghettos zusammengezogen werden, wo sie nach ihren eigenen Gesetzen, die die Gemeinschaft nicht schädigen, leben können. ... Uns genügt, dass sie ihre politische und wirtschaftliche Rolle im Ostland endgültig ausgespielt haben.“

2. Sjoma Spungin, 16 Jahre, ein überlebender jüdischer Junge aus Daugavpils/Dünaburg in Lettland berichtet 1945: (Auszüge) „Den ganzen Winter über wurde gemordet. Ich war mit Papa allein zurückgeblieben ... Und auch ein Mädchen erhängte man noch; sie hatte versucht zu verheimlichen, dass sie Jüdin ist. Sie wollten einen Jungen zwingen, das Mädchen zu erhängen. Doch der weigerte sich, deshalb schlugen sie ihn. Schließlich legten die Deutschen selbst dem Mädchen die Schlinge um die Hals. Sie zwangen jedoch den Jungen mit vorgehaltenen Maschinenpistolen, den Schemel unter den Füßen des Mädchens wegzuschlagen. Einige Deutsche haben das fotografiert. ... Die jungen Leute flohen zu den Partisanen. Für Vater und mich war es schwierig, uns ihnen anzuschließen. Wir hatten keine Waffen; außerdem konnte Vater es nicht übers Herz bringen, den Ort zu verlassen, an dem Mama und Rosa ermordet worden waren. Außerdem bangte er um mich, ich war doch erst 13 Jahre alt. ... Als ich nach Daugavpils zurückgekehrt war, erzählten mir die Juden, dass sich mein Vater noch drei Wochen lang in der Stadt versteckt gehalten habe, aber die Deutschen hätten ihn entdeckt und umgebracht ... Ich kann nicht genau sagen, wie viele wir im Ghetto waren. Allein in Daugavpils sind mehr als 30 000 Juden umgekommen ... Insgesamt konnten sich 18 Menschen retten ... Ich habe Daugavpils verlassen und möchte auch nicht mehr zurückkehren, weil es mir weh tut, an unserem verbrannten Haus vorbeizugehen und die Straßen entlangzulaufen, auf denen meine Angehörigen gegangen sind und so viele ums Leben gekommene Freunde."

3. Joachim Johns, ehemaliger Nachrichtensoldat der Wehrmacht, schreibt in einem am 2. Februar 1963 im „Flensburger Tageblatt“ gedruckten Leserbrief, er schüttle den Kopf über das angebliche Nichtwissen der Deutschen: (Auszüge) „Über die Tötung der Juden wurde ich bereits auf der Fahrt nach Minsk durch einen zugestiegenen jungen Landser informiert, der gerade an einer Vernichtung teilgenommen und auch mitgeschossen hatte – ‚nur so aus Spaß‘, wie er sagte. Meiner Ansicht nach wusste jeder, der in Minsk lebte, was mit den Juden wurde, denn es geschah alles recht öffentlich. ... Auch die Gaswagen, die später aufkamen, waren allgemein bekannt. Sie sahen aus wie Möbelwagen, was sie wohl auch mal gewesen waren ... Auch den Juden selbst war ihr Ende durchaus bekannt.“

Quelle: Quelle Journalist: Frotscher, E: Ostland kehrt nach Europa zurück, Riga 1941.

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