v i m u . i n f o
Dansk version
grenzen politik wirtschaft gesellschaft kultur meer

Anreise in die Seebäder im 20. Jahrhundert © izrg

Müssen sich die erholungssuchenden Badegäste in den Anfangsjahrzehnten des Bädertourismus noch vielfach mühselig mit Pferdegespannen oder - nicht minder unbequem - mittels Schiffspassagen in die Seebäder an Nord- und Ostsee aufmachen, steht die Anreise im 20. Jahrhundert zunächst ganz im Zeichen des Eisenbahnverkehrs. Dessen engmaschiges Netz wird in Schleswig-Holstein vor allem in den drei Jahrzehnten vor dem ersten Weltkrieg ausgebaut. Hinzu kommen Großprojekte wie der Bau des Hindenburgdammes, der 1927 umgesetzt wird. Viele Seebäder wie beispielsweise Timmendorfer Strand erreicht man erst 1925 mit der Bahn.

Vergleichsweise gut übersteht das schleswig-holsteinische Eisenbahnnetz den Zweiten Weltkrieg, parallel zum wieder aufblühenden Seebädertourismus wird es ausgebaut. Im Gegensatz zum Individualverkehr ist die Bahn das billigste und bequemste Verkehrsmittel. 1954 reisen 56% aller Urlauber mit der Eisenbahn an, nur 19% mit dem eigenen Auto und 17% mit dem Bus. Vor allem Reiseveranstalter für Pauschaltouristen treiben den Fahrplanausbau voran, so dass 1963 die Bäder der Lübecker Bucht im Stundentakt erreichbar sind. Ausdruck des besonderen Lebensgefühls und der individuellen Anreise ist in den 1950er und frühen 1960er Jahren jedoch die Urlaubsreise mit dem Motorroller.

Ein weiteres Großbauprojekt erschließt in den 1960er Jahren eine touristisch eher vernachlässigte Region Schleswig-Holsteins: Mit der Fertigstellung der Brücke über den Fehmarnsund können Urlauber nun per Bahn und Auto individuell auf die Insel anreisen.

Spätestens ab den 1970er verliert die Eisenbahn an Bedeutung für den Urlaubsverkehr, zumindest gegenüber dem nun zur Grundausstattung bundesdeutscher Familien gehörenden Auto. Die Folge sind Streckenschließungen, wie beispielsweise der zwischen den Seebädern Travemünde und Niendorf. 1985 ist die Eisenbahn durch Rückbau auf einen Streckenstand (und oftmals auch Reisegeschwindigkeit) von 1880 zurückgefallen. Der Siegeszug des Autos als Urlaubstransportmittel Nr. 1 konterkariert die Bemühungen der Tourismusverbände, das Urlaubserlebnis in Schleswig-Holstein möglichst "naturnah" zu gestalten. Tatsächlich gehören Staus und Autoabgase zunehmend zu den festen Bestandteilen von Urlaubsreisen vor allem an den Ostsee-Badeorten. Mitte der 1990er Jahre droht beispielsweise Travemünde wegen dramatischer Schadstoffbelastung seinen Status als Heilbad zu verlieren. Erst solche Entwicklungen stoßen neue innovative Verkehrskonzepte an, die einen Ausgleich zwischen Individualität und Bequemlichkeit einerseits und Umweltverträglichkeit andererseits suchen.

Siehe auch:

Zeitungswerbung 1957
Timmendorfer Strand
Fehmarnsund-Brücke

Um diese Inhalte anzusehen, wird der Flashplayer 9 benötigt. Zum Download
multimediaMultimedia
case storyFallbeispiele
photosAbbildungen
quotesZitat
bibliographyLiteratur