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Erinnerungen

„Das Gut Seekamp lag im Norden Kiels an der Grenze zum Kreis Eckernförde. Bis 1933 entstanden noch viele solcher Kinderrepubliken, auch im Ausland. Ich erinnere mich noch gut an die Teilnahme unserer Hamburger Gruppen an der Kinderrepublik Seekamp. Für diese Kinderrepublik hatten die Kieler von der Gutsverwaltung ein Wiesengrundstück gepachtet und darauf runde, weiße Spitzzelte – englische Militärzelte – als Zeltstadt aufgestellt. In den Zelten fanden jeweils 16 Kinder und ein Helfer Platz. Seekamp war die beste Einführung von Kindern in den jungen, demokratischen Staat der Weimarer Republik. In freier Selbstverwaltung wählten sie in den Dorfgemeinschaften ihren Bürgermeister. Er war Vertreter im Parlament des Lagers. Aus der Mitte des Lagerparlaments wurden die Fachminister gewählt, wie Minister für Arbeit, Finanzen, Post, Verwaltung und dergleichen. Alle Ressorts waren von Kindern besetzt, an deren Seite erwachsene Helfer standen. Die Führung der Kinderrepublik lag in der Gesamtverantwortung ihrer gewählten Gremien. In einer selbsterlebten und selbstverwalteten demokratischen Gemeinschaft – das waren die Kinderrepubliken – sollten die Kinder lernen, sich in Staat und Gesellschaft einzuordnen. Natürlich sollten sich die Großstadtkinder auch erholen. Das stand im Vordergrund. Den mannigfaltigen Interessen der Kinder wurde man durch Neigungsgruppen gerecht. Es gab Bastel-, Musik-, Spiel- und Sportgruppen, Gruppen für Leben in der Natur, für Theater und für Kinderzirkus und viele andere mehr.

Arbeitsgruppen gab es für die praktische Lagerarbeit, zum Beispiel für die Unterhaltung und Säuberung der Zeltplätze und für die Hilfen in der Küche. Zu den Arbeitsgruppen wurden die Teilnehmer von allen Zeltgemeinschaften auf Anforderung der Lagerleitung delegiert. Sie waren Pflichtgruppen.

Solidarität, heute zum politischen Modewort geworden, bedeutete in den Nachkriegsjahren des Ersten Weltkrieges noch den Aufbruch in eine neue Zeit. Schon die Kinder verstanden Solidarität als Zusammengehörigkeitsgefühl nach dem Grundsatz: Einer für alle und alle für einen. Das war auch das Leitmotiv der großen Friedenskundgebung der Kinder und Helfer zum Abschluß der 1. Kinderrepublik Seekamp im Jahre 1927.“

Herma Esser aus Hamburg erinnert sich an die Kinderrepublik Seekamp, an der sie teilgenommen hat. Bei der Bewertung dieser Erinnerungen gilt es den großen zeitlichen Abstand zwischen Erinnerung und Geschehnis genauso zu berücksichtigen wie die persönliche Sichtweise der Zeitzeugin.

Quelle: Esser, Herma: Erinnerungen an die Kinderrepublik Seekamp, in: Hamer, Kurt/ Schunck, Karl-Werner/ Schwarz, Rolf (Hrsg.): Vergessen und verdrängt. Arbeiterbewegung und Nationalsozialismus in den Kreisen Rendsburg und Eckernförde. Heimatgeschichte, Eckernför

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